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Kleiner Rundgang durch die Geschichte des Rahmens

Gotik
Renaissance
Ludwig XIII
Ludwig XIV
Régence
Ludwig XV
Ludwig XVI
Barock (Süddeutschland, Niederlande)
Barock (Italien, Spanien)
Klassizismus
Jugendstil
Klassische Moderne

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Einleitung

Wer sich mit Bilderrahmen beschäftigt, entdeckt in ihnen eine reiche Bildsprache der Ornamente und Profile, der Polychromie und Proportionen, der differenzierten Balance von metallischen und tonigen Farben, das spannungsreiche Spiel zwischen plastischem und flächigem Dekor. Sie spiegeln den Zeitstil manchmal bis auf das Jahrzehnt genau und geben Kunde von den Eigenheiten der Kunstlandschaft, in welcher der Rahmen entstand.
Nur selten existieren zu Bildern noch die originalen historischen Rahmen. Rahmen waren einerseits dem Verschleiß unterworfen wie ein Möbelstück und andererseits abhängig von dem Geschmack des Eigentümers und dem herrschenden Zeitstil: August der Starke verpasste in Dresden seiner Sammlung einen einheitlichen Rokokorahmen mit Herrschaftsemblem, was heute schon wieder als historisch gilt und nicht mehr angetastet wird. Erst mit Beginn unseres Jahrhunderts überlegte man sich, dass z.B. Cranach sich Gedanken gemacht hat, wie sein Bild gerahmt sein soll. Wissenschaftliche Untersuchungen von Bedeutung erschienen seit Ende der 60er Jahre. (Christian Burchard)


Der Aufbau des Rahmens    

Die wichtigsten Rahmenprofile

H : Hohlkehle
R : Rundstab (Viertelrundstab)
K : Karnies mit Platte oder Stab

Aufbau eines Plattenrahmens

L : Lichtprofil (Innenprofil)
D : Dekorzone
A : Außenprofil
Aufbau eines Profilrahmens

P : Profilrahmen
L : Licht
F : Falz
B : Blindrahmen

Gotik    
Im späten Mittelalter begann sich das Tafelbild vom Wandbild zu emanzipieren. Die ersten gerahmten Tafelwerke waren noch in die gemalten Wandarchitekturen eingebunden. Sie bildeten die ästhetische Grenze zu einem Raum, indem zunehmend eigene Gesetze galten. Einen Höhepunkt erreichten die ersten Rahmungen in den geschnitzten Flügelaltären und Retabeln der Kirchenausstattung. Auch Bilder für profane Räume übernahmen Motive aus der Architektur, wie zum Beispiel Säulen, Archivolten und Gesimse. Bild und Rahmen bildeten das "Fenster" zu einer anderen Welt und wurden manchmal zusätzlich mit einem Vorhang geschützt.
Gotischer Rahmen, 15. Jh., süddeutscher Raum. Der Rahmen ist wie ein Fensterrahmen gebaut. Deutlich ist unten der Wasserschlag zu erkennen und seitlich die geschnitzten Stäbe.
Muster 58
Detail vom geschnitzten Stab mit bauchigem Baluster und eckiger Plinthe, die auf dem Wasserschlag aufsetzen.

Renaissance
In der Renaissance entwickeln sich zwei Rahmentypen: Der Architekturrahmen, meistens einer griechischen Tempelfassade nachgebildet, und der "klassische" Plattenrahmen. Der Architekturrahmen setzte sich manchmal in der gemalten Perspektive im Bild fort und bestimmte den Bühnencharakter des Bildes.
Der Plattenrahmen ist dreiteilig und besteht aus einem zierlichen Innenprofil, einem kräftigen Außenprofil, und einer zurückliegenden breiten, ornamentierten oder einfarbigen Mittelzone. Es ist ein "klassischer" Rahmentypus, der wegen seiner Flächigkeit wieder in Rahmungen des 20. Jahrhunderts auftritt. In der Renaissance und Gotik war der vergoldete Rahmen oft teurer als das gemalte Bild.
Italien, um 1540. Ädikula- oder Tabernakelrahmen mit wuchtiger Basis und Gebälk aus Kastanienholz mit polierten Oberflächen. Die Säulen sind freistehend. Der Architrav wird durch ein herausragendes Kranzgesims abgeschlossen.
Deutschland, um 1540. Plattenrahmen, Umkreis Cranach-Werkstatt. Innen- und Außenprofile sind vergoldet, die Rahmenschenkel mit aufgesetzten Knöpfen verziert.
Muster 1562

Ludwig XIII / Ludwig XIV    
Durch ihre Vorrangstellung in Architektur und Ausstattungskultur erreichte die Kunst der Rahmenherstellung in Frankreich im 16. und 17. Jahrhundert ihren Höhepunkt. Durch die zentralisierte höfische Kultur entstanden Normen, die über Jahrhunderte Leitbilder für ganz Europa schufen. In den Stilepochen, nach den Königen benannt, wirkt stilübergreifend der "Classisme", der französische Staatsstil, der in sich barocke und klassizistische Elemente vereinigt.
Die Entwicklung der Bilderrahmen spiegelt die Entwicklung in Architektur und Kunstgeschichte wider. Die barocken Elemente bleiben rational und einem durchschaubaren linearen Gesamtkonzept untergeordnet.

Frankreich, Ludwig XIII, Profilrahmen, erste Hälfte 17. Jh. Charakteristisch sind die geradlinig begrenzten Ornamentfelder ohne Betonung der Rahmenecken. Das Hauptprofil ist ein Rundstab.
Muster 1144

Frankreich, Ludwig XIV, Profilrahmen, Ende 17. Jh. Glatte Profile, so genannte Spiegel, bilden die Schenkelmitten. Die Rahmenecken sind leicht betont. Muster 917


Régence / Ludwig XV / Ludwig XVI
Frankreich, Régence, Profilrahmen, erste Hälfte 18. Jh. Die flachen Bandelwerkornamente durchbrechen die Ordnung der Ornamentfelder. Die Rahmenecken werden durch Blattornamente hervorgehoben. Die Rautengravur als Hintergrund der geschnitzten Ornamente ist der sichtbare Übergang vom Barock zum Rokoko. Hauptprofil ist das Karnies.
Muster 1463
Frankreich, Ludwig XV, Profilrahmen, Mitte 18. Jh. Der plastische Schmuck löst sich vom Untergrund. Die Blattkartuschen sind auf die Ecken gesetzt und durch ein freigestelltes Stengelband verbunden. Das Karniesprofil, als Ausgangspunkt der Schnitzarbeit, lässt sich nur erahnen. Der Rahmen ist in Eiche geschnitzt. Von der ursprünglichen Vergoldung sind nur Reste erhalten.
Muster 1793
Frankreich, Ludwig XVI, Ovalrahmen mit Bekrönung, 1780-1790. Die barocken plastischen Ornamente haben sich aufgelöst und die Dekorzonen sind wieder getrennt. Frühklassizistischer Formenkanon mit Eier- und Perlstab. Das Grundprofil ist jetzt eine Hohlkehle im Außenprofil. Das verspielte Schleifengebinde erinnert noch an den Rokoko.
Muster 1993

Barock (Süddtld., Niederlande)    
Der in Paris geschulte bayrische Hofbaumeister Joseph Effner (1687-1745) führt in Süddeutschland den Régence und Rokoko zur Blüte und löst sich zugleich vom strengen Kanon der französischen Schule. Ihm folgt der ebenfalls in Frankreich ausgebildete Francois Cuvilliés d. Ä. (1695-1768).
 In den Niederlanden und Flandern entwickelt sich Ende des 16. Jh. aus dem Ebenholzmöbel der typische schwarze "holländische" Rahmen. Das teure Ebenholz wird nicht massiv, sondern als Furnier verarbeitet, und so sind die Profile flach gehalten. Es gibt auch schlichte Plattenrahmen ohne Profil, die nur durch das kostbare Ebenholz wirken. Im Barock wird die sinnliche Wirkung der Rahmen durch Flammleisten und Kröpfungen gesteigert. Als Ersatz für Ebenholz verwendet man dunkel gebeiztes Birnbaumholz. Holländische Rahmen wurden besonders im alpenländischen Raum nachgebaut.
Süddeutschland, Leistenrahmen, erste Hälfte 18. Jh. Rahmen aus dem Umkreis Joseph Effner (1687-1745), bayrischer Hofbaumeister. Selbstständig gestaltet nach französischem Vorbild. Charakteristisch für "Effner-Rahmen" sind freistehende Pflanzenstängel, genannt Springer.
Muster 1475

Alpenländisch nach holländischen Vorbild, Profilrahmen mit Wellenleisten, Mitte 17. Jh. Nach außen abfallende Hohlkehle. Das Bild ist nach vorne versetzt. Es gibt ähnliche Rahmen mit ansteigender Hohlkehle, welche das Bild zurückversetzen. Beide Rahmungsarten werden für verschiedene Bildgenre angewandt, so dass sich keine erkennbare Regel ableiten lässt.
Muster 1128


Barock (Italien, Spanien)    
In den Kunstzentren wie Florenz, Venedig, Siena und Bologna entwickeln sich Rahmen mit einer eigenen Formsprache. Im Barock wurde besonders der "Canaletto Leistenrahmen" populär, benannt nach Giovanni Antonio Canale (1697-1768) und in ganz Europa kopiert.
Typisch für spanische Rahmen im 16. und 17. Jahrhundert ist der harte Schwarz-Gold-Kontrast und die grobe Ornamentik, die mit originellen Motiven italienischer und französischer Vorbilder variiert. Plattenrahmen sind ebenfalls mit einem derben rustikalen Dekor verziert. Es besteht eine Verwandtschaft zu Rahmen aus dem süditalienischen Raum, denn Neapel war 1504-1713 unter spanischer Herrschaft.
Italien, Canaletto-Rahmen, Venedig, erste Hälfte 18. Jh. Kennzeichnend ist die feine Flächigkeit der Profile unterbrochen durch glatte Spiegel (polierte Fläche ohne Ornamente). Das Grundprofil ist ein Karnies, die Ornamente geschnitzt und im Hintergrund punziert.
Muster 1006
Spanien, Profilrahmen, Ende 17. Jh. Der Rahmen lebt von dem harten Schwarz-Gold-Kontrast, der ihm eine plastische Qualität verleiht. Eckornamente sind stilisierte trompetenförmige Blüten.
Muster 1147

Klassizismus    
Im Klassizismus (1750-1840) entsteht ein charakteristischer, leicht identifizierbarer Rahmentyp mit dreiteiligem Aufbau. Im Lichtprofil ist ein fortlaufendes Kymation (Schmuckleiste) mit Herzlaub oder Perlstab als Dekor. Es folgt eine Fläche oder eine kleine Hohlkehle, die Innen- und Außenprofil nachdrücklich voneinander trennt. Das Außenprofil ist eine ansteigende breite Kehlung, verziert mit aufgesetzten Blattornamenten, Pfeifen oder kanneliert. Die Rahmen sind polimentvergoldet.
(Siehe auch Rahmenbeispiel aus der Zeit Ludwig XVI).
Deutschland, Profilrahmen, erste Hälfte 19.Jh. Die breite Hohlkehle ist mit zierlichem Palmettenfries dekoriert, der Lichtstab mit Herzlaub. Durch einen Schrägschnitt auf der Rückseite scheint der Rahmen vor der Wand zu schweben.
Muster 1010
Deutschland, Profilrahmen, erste Hälfte 19. Jh. Die Rahmenschenkel sind mit Kannelierungen verziert, die vor dem Vergolden in den Kreidegrund geschnitzt werden.
Muster 988

Jugendstil / Moderne    
Im Jugendstil entwickeln sich eigenwillige, vom Künstler selbst gestaltete Rahmen (Gallen-Kallela, Munch), neben Rahmentypen, entworfen von Künstler-Designern der neu gegründeteten Werkstätten für Kunst und Handwerk in München, Dresden und Wien (Riemerschmidt, Pankok u.a.). In Gebäuden von Künstlern als Gesamtkunstwerk konzipiert, werden Bilder (Fresco, Mosaik) in eine flächig, geometrische Wandgliederung eingebunden. Für Rahmungen aus dem Umkreis der Wiener Werkstätten sind vergoldete "Wellenprofile" charakteristisch.
Mit dem Beginn der Moderne sind die aufwendigen und teuren Jugendstilrahmen nicht mehr gefragt. Mitglieder des "Blauen Reiter" und später die Vertreter der neuen Sachlichkeit bevorzugen einen schlichten Holzrahmen (Platten- oder Leistenrahmen) ohne jedes Ornament. Nach dem zweiten Weltkrieg werden Bilder zunehmend nur mit einer Atelierrahmung oder einer einfachen Umfassungsleiste gerahmt, welche mit der Bildfläche auf einer Ebene liegt.
Deutschland, Plattenrahmen nach Entwurf von Franz von Stuck (1863-1928), erste Hälfte 20. Jh. Beispiel für einen flächig-linearen Jugendstil-rahmen an der Schwelle zur Moderne. Vergoldete Wellenleisten gliedern den Rahmen in Segmente. Die Farbe der Flächen dämpft oder verstärkt die Farben des Bildes.
Muster Stuck I
Deutschland, Leistenrahmen für ein Bild von August Macke (1887-1914), erstes Viertel, 20. Jh. Mit dem Beginn der Moderne entstehen einfache Leistenrahmen ohne jeden Dekor. Die Expressionisten bevorzugten für ihre farbenprächtigen Bilder dunkle Tönungen, manchmal ergänzt durch ein schmales versilbertes oder vergoldetes Profil.
Muster Macke